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Die Gründerzeit beziehungsweise der Historismus erstreckte sich in Österreich vom Jahr 1840 bis ins Jahr 1918. Die Gründerzeit kann in drei Phasen gegliedert werden: Frühgründerzeit (1840 - 1870), Hochgründerzeit (1870 - 1890) und Spätgründerzeit (1890 - 1918). In dieser Zeit fand mit der Industrialisierung ein wirtschaftlicher Aufschwung statt. Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Gründerzeit war das enorme Bevölkerungswachstum, während die Stadt Wien um 1840 nur etwa 400.000 Einwohner:innen zählte, waren es gegen Ende der Gründerzeit über 2 Millionen. Das starke Bevölkerungswachstum löste eine enorme Wohnungsnot aus, was wiederum zu einem Bauboom von Wohnungsbauten führte, dessen Ergebnis noch heute das Wiener Stadtbild prägt.

„In dieser Epoche werden 450.000 Wohnungen errichtet, welche auch heute noch einen wesentlichen Anteil der Bebauung Wiens ausmachen.“

Wohnungen, die während der Gründerzeit errichtet wurden, bestanden aus einer Küche sowie einem Zimmer, größere Wohnungen inkludierten oft noch ein Kabinett. Toiletten sowie ein Wasseranschluss befanden sich ausschließlich am Gang und wurden gemeinschaftlich genutzt. Gestalterisch orientierten sich die neu errichteten Zinshäuser an den großbürgerlichen Mietshäusern entlang der Ringstraße, je weiter weg ein Gebäude von der Inneren Stadt lag, desto schlichter wurde die Fassadengestaltung.1 

Städtebauliche Situation

Im Laufe der Gründerzeit hat sich die städtebauliche Situation Wiens sehr stark verändert. Im Jahr 1850 wurde die Innere Stadt um die Vorstädte (Bereich zwischen Glacis und Linienwall, dem heutigen Ring und Gürtel) erweitert. Ursprünglich diente das Glacis der Verteidigung der Inneren Stadt, am 20. Dezember 1857 gab es Kaiser Franz Joseph I. jedoch zur Bebauung frei. 1890 kam es schließlich zur Eingemeindung der Vororte (alle Bezirke, welche sich außerhalb des Linienwalls befanden).2 Prägend für die Gründerzeit war die Neuparzellierung der Stadt: bis auf einige bereits bestehende Hauptverkehrsachsen wurde ein gleichmäßiges Raster mit einheitlich breiten Straßen über das gesamte Stadtgebiet gelegt.3

Aufbau eines Gründerzeithauses

Fundament:
Bei Gründerzeithäusern wurden meist Streifenfundamente im Bereich der tragfähigen Mauern angewendet, oftmals handelte es sich dabei einfach um eine Weiterführung der tragenden Wand in das Erdreich. Bei Fällen, in denen der tragfähige Boden in großer Tiefe lag, verwendete man sogenannte Pfahlroste zur Fundamentierung der Gebäude.

Wände:
Grundsätzlich bestanden die Gebäude aus drei tragenden Wandscheiben: den beiden Außenmauern und der Mittelmauer. Charakteristisch für die Gründerzeit war die Abnahme der Mauerstärke nach oben hin, so hatten die Außenwände im Keller eine Stärke von bis zu einem Meter, wohingegen sie nach oben in jedem Geschoss um 15 cm (Breite eines Ziegels) schmäler wurden. Einzig die Mittelmauer hatte aus statischen Gründen durchgehend eine Stärke von 45 cm, da sich in dieser Wand die Kamine und die Durchbrüche für die Wohnungstüren befanden. Die übrigen Wohnungszwischenwände dienten lediglich der Queraussteifung und hatten keine tragende Funktion. Interessant an der Bauweise der Gründerzeit ist, dass die Wände – im Gegensatz zu heute – durchgehend vom Keller bis zum Dach aufgerichtet wurden. Die Zwischendecken lagen lediglich auf den Rücksprüngen der Außenwände und auf Einschnitten in der Mittelmauer auf, durch sogenannte Mauerwerksschließen wurden Decke und Wand kraftschlüssig miteinander verbunden.

Kellerdecke:
Die Kellerdecken wurden in Massivbauweise ausgeführt. Die Gewölbetonnen eigneten sich perfekt für das Abtragen der Lasten aus den oberen Geschossen in das Erdreich. Neben Tonnengewölben kamen oft auch Kappengewölbe wie zum Beispiel die Preußische Kappe oder besser bekannt als „Platzldecke“ zur Anwendung. Beliebt waren diese vor allem deswegen, weil sie, bei gleicher Tragfähigkeit, eine wesentlich geringere Höhe aufwiesen als ein Tonnengewölbe.

Zwischendecken:
Als Zwischendecken verwendete man in den Gebäuden Holzdecken, da sie ein deutlich geringeres Gewicht als Massivdecken hatten. In der Regel kamen sogenannte Tramdecken zur Anwendung, die Spannrichtung verlief dabei jeweils von den Außenwänden zur Mittelmauer. Die Tramdecken setzen sich aus Trämen mit einer Sturzschalung und einem Bodenaufbau sowie einer Stukkaturschalung auf der Unterseite zusammen. Aufgrund der Weiterentwicklung und Optimierung der Konstruktionen gab es über die Jahre verschiedene Varianten von Tramdecken, wie zum Beispiel die Tramdecke mit versenkter Sturzschalung, die eine geringere Konstruktionshöhe aufwies. Oder der Fehltramdecke, wobei hier durch die Entkoppelung der Untersicht ein gewisser Schallschutz entstand.

Oberste Geschossdecke:
Aufgrund der Bauordnung war es bis 1868 verpflichtend die oberste Geschossdecke der Gebäude als Dippelbaudecke auszuführen, um den Brandschutz zu gewährleisten. Für diese Konstruktionsart wurden Holzstämme dreiseitig bearbeitet, um sie fugenlos aneinander legen zu können, danach wurden sie durch Holzdübel (sogenannte Dippel) miteinander verbunden. Obendrauf kamen zum Abschluss noch eine Beschüttung sowie eine Ziegelpflasterung.

Dachwerk:
Als typisches Wiener Dachwerk wir der Pfettendachstuhl mit doppeltem Hängewerk bezeichnet. Währen der Gründerzeit wurde er häufig im Wohnbau eingesetzt, da diese Konstruktion an die 12 Meter überspannen konnte. Diese Spannweite ergab sich aus den Raumtiefen von etwa 5 Metern inklusive der Wandstärken von Mittelmauer und Außenmauern.4