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Mithilfe einer bauhistorischen Untersuchung werden rezente Veränderungen entschlüsselt.

Auf einem Felsensporn gegenüber des Traunstein gelegen ist sie aus der Ferne bereits sichtbar, bevor sich der Traunsee zeigt. Den meisten ist das Bauwerk als Russenvilla bekannt, was den Erbauerinnen des Frühwerkes von Theophil Hansen zu verdanken ist. Zugleich wird dieses Haus auch als Villa Pantschoulidzeff bezeichnet, weil dies der Name der Aristokratenfamilie des Schwesternpaares georgisch-russischer Abstammung war. Wie Sophie und Ludmilla Pantschoulidzeff nach Traunkirchen kamen, ist unbekannt, sicher jedoch wissen wir, dass sie 1852 zur Kur in Bad Ischl Station machten, da es einen Eintrag in die Kurliste der Stadt gibt.1 

Der beauftrage Architekt Theophil Hansen ist es auch, der als erster einen Artikel zu der Villa veröffentlicht. Darin beschriebt er in einem kurzen Textbeitrag wie das Haus aufgetelit ist und sogar mit welchen Firmen er bei der Errichtung zusammengearbeitet hat. 

Im Jahr 1852 erhielt ich von dem Fräulein von Pantchoulidzeff den Auftrag zum Bau einer Villa in dem kleinen nur von Landleuten bewohnten, jedoch in reizender Lage auf einem vorspringenden Felsen am Gmundner- oder Traunsee sich erhebenden Orte Traunkirchen.2

Die dem Artikel in der Allgemeinen Bauzeitung aus dem Jahr 1857 beigelegten Grundrisse und Ansichten zeigen ein reichhaltiges Ausstattungsprogramm, von der Gartenanlage bis ins Innere. Die Wände der Innenräume waren in beiden Vollgeschossen mit Malereien ausgestattet und im Keller befand sich eine zentrale Heizanlage, die über ein System mitgemauerter Schächte heiße Luft im ganzen Haus verteilte.

Ende des 19 Jh. wird die Villa an einen Herrn Heine aus Magdeburg verkauft und ab sofort als Villa Heine bezeichnet. Das bezeugt vor allem eine Anzeige im Neuen Wiener Tagesblatt von 1906, in der die Villa Heine als Feriendomizil zur Miete angeboten wird.3 1923 kauft Ludwig Brixel das Haus und die Villa erhält den Namen Villa Carla, nach dessen Frau. Von dieser Zeit ist ein Gästebuch auf uns gekommen, das den Namen am Titelblatt trägt.

 

 

Danach folgten ein paar kurzweiligere Besitzverhältnisse, bis wir nun schließlich ein Haus vor uns haben, das nach einigen Jahren Leerstand umgangssprachlich vor allem als Russenvilla bekannt ist. Es hielt sich also die Reminiszenz an die Erbauerinnen des Hauses. Die unterschiedlichen Namen sind zugleich Zeugnis der Besitzgeschichte und machen sichtbar wie stark die ehemaligen Eigentümerfamilien mit der Villa in einer persönlichen Beziehung standen.

Nun soll die Villa wieder zum Leben erweckt werden und durch die aktuelle Eigentümerschaft sind einige Adaptionen geplant. Der Unterschied zu den bisherigen Umbauarbeiten – vor allem in der Nachkriegszeit wurden starke Veränderungen vorgenommen – liegt im inzwischen bescheideten Denkmalschutz begründet. Denn nun wurde von Seiten des Bundesdenkmalamts eine bauhistorische Untersuchung des gesamten Bauwerkes angeregt, die eine Bestandsanalyse darstellt und schließlich dem Amt in Zukunft als Entscheidungsgrundlage im Vorfeld von Adaptionen dienen soll.

Solche Voruntersuchungen bringen unterschieldiche Vorteile mit sich: Sie ermöglichen den Eigentümer:innen einen historischen Gesamtüberblick zu Bauwerk und Außenanlagen. Das angefügte Raumbuch, kann auch als universeller Katalog dienen, der bei weiteren Maßnahmen durch andere Professionist:innen weiterentwickelt werden kann. Die Bauhistorikerin übergibt das bauhistorische Gutachten schlussendlich dem Bundesdenkmalamt, den Eigentümer:innen und wenn gewünscht auch den nachfolgenden Planer:innen. Dadurch ermöglichen wir einen reibungsloseren Übergang der Projektphasen. Historisch wertwolle Bereiche des Objekts werden im Bericht sichtbar, Farbfassungen durch Restaurator:innen festgestellt und erfasste Baufugen geben Aufschluss über statische Besonderheiten. Baufeste Ausstattung wird mit aufgenommen und historisch eingeordnet.

Wir wurden mit der Bauhistorischen Untersuchung des Objektes beauftragt und befinden uns inmitten der Befundaufnahmen. Archive wurden besucht, der Bauakt ausgehoben und nun ist es an der Zeit sich dem Gebäude selbst zu nähern. Welche Veränderungen wurden seit der Errichtung in den 1850er Jahren vorgenommen und welcher Eigentümer Ära sind diese zuzuordnen? Selbst Bauwerke mit einer kürzeren Geschichte zeigen weitreichende Veränderungen, die vor allem auf technische Neuerungen und ästhetische Empfindungen zurückzuführen sind. Wir bleiben neutral und freuen und über jede Spur, die das Leben in historischen Räumen hinterlassen hat, denn diese sind Ausdruck der spezifischen Bedürfnisse jeweiliger Bewohnergenerationen.

Quellen:
1  Marie-Theres Arnbom, Die Villen vom Traunsee. Wenn Häuser Geschichten erzählen, S. 
2 Theophil Hansen, Die Villa Pandschulidzeff am Traunkirchen am Gmundnersee in Oberösterrreich, in: Allgemeine Bauzeitung, 22 Jahrgang, Wien 1857, S.342, Ill.135-138.
3 Neues Wiener Tagesblatt, Dienstag, 18. April 1906, Nr. 106, S. 40.