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In Zeiten der Klimawende und der Defossilisierung des Bausektors wird unter anderem die Senkung des Heizwärmebedarfs von Bestandsgebäuden forciert. Anhand unserer Erfahrungen mit Zinshäusern sollen in diesem Beitrag Maßnahmen zur thermischen Verbesserung des historischen Bestands vorgestellt werden. Dazu dienen als Beispiele die Konstantingasse 3, 1160 Wien und andere Projekte aus der Praxis. Im nächsten Blogbeitrag sollen heiztechnische Alternativen betrachtet werden.

Die Gebäudehülle, Systemgrenze, konditionierter Bereich oder die Dämmebene

Starten wir mit der Analyse eines Gebäudes und wollen die thermische Hülle definieren, so kommen folgende Bauteile besonders in den Fokus, da über sie die meiste Heizwärme an die Außenwelt abgegeben wird:

  1. Horizontale Bauteile und konkret die oberste Geschossdecke und die Kellerdecke
  2. Vertikale Bauteile und hier die Wände und deren Öffnungen

Für das Sanierungskonzept ist neben der reinen Geometrie relevant, wo eine etwaige Dämmebene angesetzt werden soll. Die Systemgrenze, welche auch bei einem Energieausweis den Rahmen der Betrachtung darstellt, ist aber auch von der Nutzung und der Bauweise sowie der Temperaturdifferenz zwischen den Bereichen abhängig. Für eine Sanierung ist also festzustellen, welche Räume und Gebäudeteile beheizt (also konditioniert) werden sollen und welche nicht bzw. welche lediglich frostfrei gehalten werden sollen.

Es ist festzustellen ob große, ausladende Stiegenhäuser oder andere Transiträume ebenfalls in die Systemgrenze eingerechnet werden. Grundsätzlich sind aber Gebäudeteile, die nicht zumindest dreiseitig von konditionierten Räumen umschlossen sind und mehr als 4° Temperaturunterschied zu den angrenzenden, beheizten Bereichen aufweisen, nicht Teil der Betrachtung.

1. Maßnahmen Horizontale Bauteile

1.1. Dämmung der obersten Geschossdecke

Etwa ein Fünftel der eingesetzten Heizenergie kann über die oberste Geschoßdecke verloren gehen. Eine Wärmedämmung in diesem Bereich ist oft eine der preiswertesten Energiesparmaßnahmen. Auch die Behaglichkeit der darunter liegenden Räume kann erheblich gesteigert werden.

Die oberste Geschossdecke ist in den meisten gründerzeitlichen Zinshäusern als Dippelbaumdecke „Mann an Mann“ ausgeführt, beschüttet und mit Bodenpflaster belegt. Das heißt, dass große Holzbalken direkt aneinandergelagert wurden, welche bereits für gute Wärmedämmeigenschaften der Decke sorgen. Wenn das Dachgeschoss kalt ausgeführt wurde, ist die oberste Geschossdecke bereits als Gebäudehülle zu betrachten, was im historischen Bestand in Österreich den Regelfall darstellt, da Dachgeschosse nicht als konditionierte Räume vorgesehen waren.

Die Holzkonstruktion der Dippelbaumdecke kann mit U-Werten von 0,5 bis 0,63 W/m²K angenommen werden (wird eine 30-35 cm starke Dämmschicht verbaut kann man diesen bis auf 0,15 W/m²K senken). In Österreich ist bei Neubauten prinzipiell ein Wert von 0,20 W/m²K für die oberste Geschossdecke vorgesehen. Wichtig ist, dass die Aufbauten weiterhin diffusionsoffen bleiben, damit die Feuchtigkeit aus den darunterliegenden Räumen ungehindert über den Dachraum abtransportiert werden kann und bei der Wahl der Baustoffe der Brandschutz beachtet wird.

Der obere Abschluss der Gebäudehülle ist aus energietechnischer Sicht, besonders für die oberen Stockwerke wichtig. Wird das Dachwerk nicht ausgebaut, kann die Wärmedämmung, bei gutem Zustand des Bestands, an der Oberseite der obersten Geschossdecke geplant werden. Bei einem Ausbau oder der Aufstockung des Daches muss die Dämmung der Dachhaut inklusive der Gesimse entsprechend erfolgen. Die Dämmung spielt bezüglich dem Wärmeeintrag und dem Schutz vor sommerlicher Überwärmung im Dachgeschoss zusätzlich eine wichtige Rolle.

1.2. Kalt-/ Warmdach Vergleich

Historische Dachkonstruktionen als Kaltdächer gewährleisten durch ihre natürliche Belüftung einen guten Schutz vor Kondenswasser und Schimmel. Sie wurden als Lager- und Abstellraum oder zum Wäschetrocknen genutzt. Energietechnisch schneidet das Kaltdach oftmals jedoch nicht so gut ab wie das Warmdach. Im Zinshaus in der Konstantingasse wurde die Decke bereits gedämmt, es gibt aber Überlegungen zum Ausbau des Dachstuhls, was einen Umbau zu einem Warmdach bedeutet.

Beim Warmdach ist die Wärmedämmebene in der Dachhaut verbaut. Hier sind der Aufbau und die verwendeten Materialien entscheidende Faktoren, um eine Kondenswasser-Problematik zu vermeiden. Wird ein bestehendes Dachwerk nachgerüstet, kann die Dämmung theoretisch zwischen oder auf die Sparren eingebaut werden. Ein Problem von komplexeren Aufbauten ist ein erhöhtes Risiko für versteckte Feuchteschäden. Die Luftfeuchte der Innenräume kann im Dämmstoff kondensieren und wird in der Praxis daher mittels Dampfbremsen, Dampfsperren oder dichten Plattenwerkstoffen mit Klebstoffen an der Innenseite der Dämmung gestoppt. Aufgrund der verkleideten und somit nicht einsehbaren Dachkonstruktion bleiben undichte Stellen meist länger unbemerkt und die Feuchtigkeit kann sich schleichend ausbreiten und zu Fäulnis und Verrottung führen. In nicht ausgebauten historischen Dachgeschossen sind Schäden der Dachhaut viel leichter zu entdecken und zeitnah zu beheben. Das (historische) Kaltdach ist demnach nicht so wartungsintensiv wie das (moderne) Warmdach.

1.3. Dämmung der Kellerdecke und andere unkonditionierte Bereiche

Die Kellerdecke ist in der Konstantingasse im unkonditionierten Keller als Gewölbedecke (Ziegel) ausgebildet und unverputzt. Aufgrund der eher geringen Verluste in der Gesamtbetrachtung kann hier von Dämmmaßnahmen abgesehen werden. Nach einem statischen Gutachten zum Ausbau des Dachgeschosses ist vom Einbau einer Bodenplatte im Erdgeschoss auszugehen. Außerdem soll eine Fußbodenheizung eingebaut werden. Im Zuge dieser Arbeiten kann eine tragfähige Dämmung im Bereich der Bodenplatte eingebaut werden. Auch im Bereich des Kellers kann eine Dämmung von oben vorgenommen werden, muss aber bauphysikalisch genau abgestimmt werden, um Kondenswasserbildung zu vermeiden.

Historistische Kellerdeckenkonstruktionen im unkonditionierten Keller sind allgemein meist aus Ziegel hergestellt. Dabei handelt es sich oft, um reine Ziegelgewölbe mit Beschüttung und einem Fußbodenaufbau (1,0 W/m²K) oder Kappendecken („Platzlgewölbe“) mit Traversen (Eisenträgern), einer darauf liegenden Schüttung und dem Fußbodenaufbau (0,9 - 1,16W/m²K). Aufgrund komplizierter Gewölbegeometrien und bestehender Leitungsführungen an der Decke stellen sich Dämmmaßnahmen oftmals als unwirtschaftlich heraus, da die Verluste nach unten eher gering ausfallen. Wird jedoch eine Fußbodenheizung verbaut, sollte jedenfalls über eine Dämmung nachgedacht werden, um Wärmeverluste zu minimieren.

Anders ist es bei Decken zu Durchfahrten (welche in Gründerzeithäusern noch für Pferdekutschen eingeplant wurden, um die Stallungen und Lager zu erreichen) die sich meist im Erdgeschoss, Souterrainbereich oder Innenhof befanden. Diese Decken wurden oft als Holzkonstruktionen (Dippelbaum- oder Tramdecken) ausgeführt, im Gegensatz zu den Ziegelgewölbe in den Kellerräumen.

1.4. Erdanliegende Fußböden

Ungedämmte erdanliegende Fußböden haben meist hohe Transmissionswärmeverluste (1,5 – 2,6 W/m²K). In historischen Gebäuden trifft man mitunter Fußböden an, die direkt auf der verdichteten Erde aufliegen. Ist Feuchtigkeit im Fußboden vorhanden, wird Wärme noch schneller abgetragen, da Wasser eine hohe Wärmeleitfähigkeit aufweist (eine nasse Jacke hält daher nicht warm). Eine tragfähige Schicht aus Glasschaumschotter kann sich hier sehr gut eignen, um einerseits den Wärmetransport zu minimieren und gleichzeitig als kapillarbrechende Schicht, Feuchte im Aufbau zu verhindern.

2. Maßnahmen Vertikale Bauteile

2.1. Dämmung der Außenwände

Die Außenwände stellen meist den größten Teil der Gebäudehülle dar. Somit wird hier ein hoher Anteil der Heizenergie aus den Wohnräumen an die Außenluft geleitet. Maßnahmen an diesen Bauteilen werden daher als prioritär eingestuft. 

Bei gründerzeitlichen Bauten spricht man aus thermischer Sicht von einer schweren Bauweise. Die schwere Bauweise führt beispielsweise zu einer hohen wirksamen Wärmespeicherfähigkeit der Bauteile und zu einer thermischen Trägheit des Gebäudes. Vereinfacht gesagt, strahlt eine aufgewärmte, massereiche Wand im Winter länger Wärme ab, als eine leichtere Wand und im Umkehrschluss erhitzt sich eine solche Wand langsamer in den heißen Sommermonaten. 

Bauphysikalisch relevant ist die Tatsache, dass poröse Baustoffe genutzt wurden, im historischen Kontext sind damit insbesondere Ziegel und Kalkputze gemeint. Diese sind diffusionsoffen und kapillar wirksam. Feuchtigkeit kann innerhalb eines Baukörpers also aufgenommen, transportiert (Kapillareffekt) und idealerweise an der Oberfläche wieder durch Verdunstung abgegeben werden. Werden diese Eigenschaften bei einer Sanierung missachtet, arbeitet man aktiv gegen den Bestand und Langzeitschäden sind vorprogrammiert.

Die Außenwandkonstruktion wurde üblicherweise im gründerzeitlichen Bestand vom Keller bis ins oberste Geschoss als Ziegelmassivbau mit Innen- und Außenputz ausgeführt. Im EG sind die Mauern meist 60 - 90 cm (U-Wert 0,9 W/m²K) stark und nehme nach oben hin auf 45 bzw. 30 cm ab. Energieverluste ergeben sich insbesondere bei den dünneren Wänden in den oberen Geschossen (30er Wände haben meist einen U-Wert von 1,70 W/m²K). Die Wände zum Innenhof werden meistens für Dämmmaßnahmen in der Studie herangezogen. Nicht strukturierte Fassaden in den rückwärtigen Bereichen der Häuser können für Dämmmaßnahmen problemlos adaptiert werden. Strukturierte und mit Ornamentik verzierte Fassaden sollen erhalten werden.

Wärmedämmungen werden aus Gründen des Feuchtehaushalts idealerweise außen angebracht. Eine mineralische Innendämmung kann als Alternative an strukturierten Fassaden angedacht werden, geht jedoch mit dem Verlust von Wohnfläche einher und kann zu bauphysikalischen Problemen, insbesondere im Bereich der Deckenanschlüsse, führen (Wärmebrücken und Tauwasserbildung). Gerade in diesen Bereichen befinden sich aber in den meisten Fällen die Auflager der Holzbalken, die vor Tauwasser und Feuchte geschützt werden müssen. Folglich kann diese Variante nicht ohneweiters empfohlen werden.

2.2. Innenwände

Innenwände sind für mögliche Dämmmaßnahmen ebenfalls zu betrachten. Bestehende Leitungsführungen, Revisionsöffnungen und andere Armaturen sowie Ornamentik sind für die Planung entscheidend. Ob Maßnahmen hier tatsächlich sinnvoll sind, ist auch von der Temperaturdifferenz zwischen den beheizten und den nicht beheizten Räumen abhängig. Im Vergleich zu Außenwänden, ist in der Regel von weit geringeren Wärmeverlusten auszugehen, da auch weniger Konvektion durch Winde stattfindet.

2.3. Verbesserung der Fenster

Fenster und andere Öffnungen stellen die bautechnisch und bauphysikalisch filigransten Punkte der Gebäudehülle dar. In der Konstantingasse 3 wurden vor etwa 20 Jahre Kunststofffenster mit 2-fach Verglasung eingebaut. Der Wärmedurchlass muss hier mittlerweile jedoch als sehr hoch eingeschätzt werden (U-Werte von über 1,90 W/m²K). Der Wärmedurchgangswiderstand ist am Rahmen und an der Scheibe zu betrachten. Die Zwischenräume bei Mehrfachverglasungen (2-fach Verglasung, 3-fach Verglasung), werden mit Gasen befüllt, welche im Laufe der Zeit entweichen und somit die Dämmwerte insgesamt verschlechtern. 

Der Rückbau auf Kastenfenster wäre für den historischen Bestand langfristig wohl am verträglichsten. Historische Gebäude mit modernen Elementen vermeintlich zu „verbessern“, birgt bauphysikalische Gefahren. Ein Kastenfenster kann bei entsprechender Wartung und Pflege eine sehr lange Lebenszeit erreichen. Der Ersatz der veralteten Kunststofffenster durch Fenster mit besserem Wärmedämmwert, stellt langfristig jedenfalls eine rentable Sanierungsmaßnahme dar. Bei höherer Dichtheit ist auch das Lüftungsverhalten entsprechend anzupassen. Jedenfalls wäre gestalterisch ein einheitliches Erscheinungsbild unter Berücksichtigung der historischen Bausubstanz ein sinnvolles Sanierungsziel.

Werden in historischen Gebäuden neue Isolierglasfenster (U-Wert bis 0,6 W/m²K möglich) eingebaut, kann der Heizwärmeverlust verringert werden, die erhöhte Dichtheit kann jedoch eine dauerhafte Schädigung der Bausubstanz bedeuten. Die Dichtheit bezüglich Luftfeuchte sollte daher auf die historischen Bauteile im Bestand abgestimmt werden. Moderne Isoliergläser verlieren wie erwähnt kontinuierlich ihre Füllgase und sind nur auf eine Lebensdauer von 20-30 Jahren ausgelegt, wodurch innerhalb einer Generation gleich zweimal ein Fenstertausch notwendig sein kann.

Außerdem ist ein Fenstertausch unbedingt von Fachpersonal auszuführen, dass einen sensiblen Umgang mit der historischen Fassade beherrscht, da sich im Anschlussbereich gravierende Mängel und Schäden einschleichen können, mit Konsequenzen für den umgebenden Putz. Bei falschem Einbau können auch Wärmebrücken in der Fensterlaibung entstehen.

Solare Gewinne ergeben sich besonders für die südlich ausgerichteten Fenster. Verschattungen, etwa durch Balkonanbauten, schmälern diese Gewinne, verringern im Sommer jedoch den Kühlbedarf.

2.4. Verschattungen an Fenstern

Die sommerliche Überhitzung von Innenräumen wird zunehmend zu einem Problem. Verschattungslösungen an der Innenseite von Fenstern können zwar den Eintrag von Strahlungswärme und Blendeffekte mindern, der Wärmeeintrag kann in den Sommermonaten dennoch beträchtlich ausfallen. Das grundsätzliche Problem eines innenseitigen Sonnenschutzes besteht darin, dass die Wärmestrahlung bereits als sogenannte thermische Last im Gebäudeinneren angelangt ist. Die warme Luftschicht, die sich zwischen der Fassade und dem Sonnenschutz staut, müsste im Optimalfall durch Lüftung abtransportiert werden, bevor sie noch weiter ins Rauminnere gelangt.

Grundsätzlich ist eine außenliegende Verschattung am wirksamsten, da der Wärmeeintrag bereits an der Gebäudehülle verhindert wird. Die Minderung von Blendeffekten und eine flexible Steuerung sind weitere Vorteile. Eine Änderung des Erscheinungsbildes der Fassade geht mit dieser Maßnahme jedoch meistens einher.

Die Montage von Außenrollos o.ä. kann im Zuge einer Wärmedämmung hofseitig in den meisten Fällen gut umgesetzt und sollte damit abgestimmt werden. Mögliche Förderungen können bei der Stadt Wien beantragt werden.